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Mittwoch, 21. September 2011

RAUS - Geschichten aus der geschützten Abteilung


Vorwort




Geschichten über ferne Länder sind für uns faszinierend und fremd zugleich. Denken wir an Indien, dann fallen uns sofort dessen spirituelle Seite und vor allem die heiligen Kühe ein. Während von dem Ersteren noch eine gewisse Faszination ausgehen kann, ist den meisten Menschen unseres Kulturkreises die Verehrung der Tiere nur fremd. Heilige Kühe gibt es nur in Indien. So denken jedenfalls viele. In Indien wäre eine Handlung dagegen ein Tabubruch. Aber gibt es bei uns keine heiligen Kühe? Wir leben doch in einer aufgeklärten Demokratie. Bei uns gibt es keine Geheimnisse. Der Boulevard-Journalismus zerrt doch alles ans Tageslicht!
  So oder so ähnlich dachte ich auch einmal. Und das ist ja auch sehr beruhigend. Es nützt nur nicht viel, wenn die Beunruhigung nicht von außen kommt, nicht von den Medien sondern von der eigenen Seele. Auf meinem Weg durch die verschiedensten Therapien, Krankenhäuser, Psychiatrien und vor allem durch mein eigenes Leben, begegneten mir immer wieder heilige Kühe. Dort ran zu gehen ist ein Tabubruch, den die Gesellschaft (und das sind wohl auch wir selbst) nicht duldet. Da sind die vielen wohlsituierten Menschen mit scheinbar makelloser Vergangenheit, in den höchsten Positionen. Da ist die Mutter, die doch immer nur das Beste für ihre Tochter wollte und da sind der Vater und der Großvater, die sich an absolut nichts mehr erinnern können.
  Durch das öffentlich werden der unglaublichen Verfehlungen von Priestern oder Lehrern an ihren Schutzbefohlenen, durch die Skandale um vernachlässigte und zum Teil kläglich verhungerte Kinder und durch die öffentliche Verurteilung von Väter-Monstern, die Ihre Töchter einsperrten und mit ihnen Kinder zeugten ist es zumindest zu einem Thema geworden.
  Aber von einem offenen Umgang damit sind wir noch weit entfernt. Ich wage zu behaupten, dass der größte Teil davon noch im Dunkeln liegt. Und im Moment habe ich auch das Gefühl, dass die öffentliche Wahrnehmung auch kein weiteres Interesse daran hat. Nur wer durch seine eigene Geschichte oder vielmehr dem Aufbrechen der eigenen  Geschichte gezwungen wird, sich damit auseinanderzusetzen, kommt meistens nicht daran vorbei. Aber selbst dann greifen viele lieber zu einer Pille, um sich damit nicht ganz zu konfrontieren. Das mag therapeutisch im Einzelfall auch durchaus richtig sein, keine Frage. Aber gesellschaftlich steht uns diese Aufarbeitung noch bevor.
Möge dieses Buch ein kleiner Anstoß dazu sein.


MiJo

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